Quantifizierung der Einflüsse aus Early-Age-Movement auf das Tragverhalten von Grout-Verbindungen zur Optimierung von Design und Installation von Windenergieanlagen und Plattformen (GREAM)
Leitung: | Univ.-Prof. Dr.-Ing. Ludger Lohaus |
Team: | Dipl.-Ing. Dario Cotardo |
Jahr: | 2018 |
Förderung: | Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages |
Laufzeit: | 36 Monate |
Beginnend mit der Installationsphase sind Tragstrukturen von Offshore-Anlagen für die Windenergie (Windenergieanlagen und Umspannplattformen) den Beanspruchungen infolge Wind und Wellen ausgesetzt. Sämtliche Bauteile der Tragstruktur einer Offshore-Anlage müssen den hohen Beanspruchungen dauerhaft (mindestens 25 Jahre) widerstehen. Besonderes Augenmerk erfordert der Übergang zwischen den Bodenpfählen (piles) und der Tragstruktur, der häufig mit pile-sleeve-Verbindungen als Rohr-in-Rohr-Steckverbindungen, sogenannten Grout-Verbindungen, realisiert wird. Der Zwischenraum dieser Verbindungen wird in Deutschland zumeist mit einem hochfesten Feinkornbeton vergossen. Nach dem Erhärten des Füllmaterials liegt eine kraftschlüssige Verbindung zwischen Tragstruktur und den Bodenpfählen vor. Bei dem Verfüllen der Grout-Verbindung können die Einwirkungen aus dem Seegang zu einer Relativverschiebung zwischen den Stahlrohren führen und dies bereits bei verhältnismäßig schwachem Wind und damit geringen Wellenhöhen, also sehr häufig vorkommenden Wetterbedingungen. Als besonders kritisch sind Bewegungen während der Erhärtungsphase des Grout-Materials zu bewerten, weil sich in dieser Zeit die Steifigkeits- und Festigkeitseigenschaften des Feinkornbetons ausbilden und dieser Prozess durch die Bewegungen
gestört und dauerhaft beeinträchtigt werden kann. Die Belastung des Grout-Materials während der Erstarrungs- und Erhärtungsphase wird als Early-Age-Movement (EAM) bezeichnet. Das EAM erzeugt sowohl horizontale als auch vertikale Verschiebungen der Stahlrohrkomponenten der Grout-Verbindungen, wie in Abb. 1 dargestellt ist.
Das EAM wird in aktuellen Normen und Richtlinien (DIN EN ISO 19902:2014, DNV-OS-J101:2014) explizit angesprochen. In der DIN EN ISO 19902:2014 wird gefordert, dass das EAM während der ersten 24 Stunden, soweit technisch umsetzbar, verhindert werden sollte. Kann das EAM nicht begrenzt werden, wird der Einfluss der Relativverschiebung durch die Abminderung der charakteristischen Druckfestigkeit in der Bemessung berücksichtigt. Der Reduktionsfaktor leitet sich hier nicht etwa aus der einwirkenden Relativverschiebung ab, sondern lediglich aus der Geometrie der Grout-Verbindung. Hierbei ist weiterhin zu beachten, dass die DIN EN ISO 19902:2014 lediglich Bemessungsansätze für gegründete Stahlplattformen der Erdöl- und Erdgasindustrie liefert, bei denen sowohl andere Verbindungsgeometrien als auch andere Materialien (Zementsuspensionen) verwendet werden. Die aktuelle Fassung der DNV-OS-J101:2014 begrenzt die Relativverschiebung zwischen Gründungspfahl und Tragstruktur auf 1 mm. Insgesamt gesehen, sind die vorhandenen Regelungen zur Berücksichtigung des EAM in der Bemessung als restriktiv einzuschätzen, was auf fehlende abgesicherte Untersuchungsergebnisse zurückzuführen ist. Diese Vorgaben haben zur Folge, dass die wetterabhängigen Installationsfenster sehr begrenzt, bzw. kostenintensive Hilfskonstruktionen verwendet werden müssen. Dies kann zu erheblichen Mehrkosten und Bauzeitverzögerungen führen. Daher sind weitere Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Grout-Verbindungen für Offshore-Tragstrukturen aus Sicht der Industrie, Zertifizierer und Planungsstellen dringend erforderlich.
Ziel dieses Forschungsvorhabens ist daher, die Einflüsse aus EAM auf die Tragfähigkeit und das Tragverhalten von Groutverbindungen berechenbar zu machen, um dadurch die Optimierung von Design und Installation von Offshore-Anlagen voranzubringen. Hierzu ist es erforderlich, ein verbessertes Verständnis zum Einfluss des EAM auf die Trag- und Verformungseigenschaften von Grout-Verbindungen zu schaffen und die Auswirkungen des EAM auf Materialeigenschaften des erhärteten Feinkornbetons zu quantifizieren. In diesem Forschungsvorhaben werden Grout-Verbindungen in Jacket-Konstruktionen und Monopiles betrachtet, um so die aktuellen Trends der Windenergiebranche zu berücksichtigen. Für diese Verbindungen werden die Auswirkungen von Horizontal- und Vertikalverschiebungen infolge EAM systematisch experimentell untersucht. Darauf aufbauend soll ein numerisches Materialmodell zur Simulation des Erstarrungs- und Erhärtungsprozesses von Feinkornbetonen unter dem Einfluss des EAM entwickelt werden. Dieses Materialmodell wird in einem zweiten Schritt in ein numerisches Modell der Tragstruktur integriert, welches zur Abschätzung der resultierenden Verschiebungsgrößen dient. Das Materialmodell des Feinkornbetons wird auch für zukünftige, innovative Grout-Verbindungen für Offshore-Tragstrukturen einsetzbar sein und wird damit dem sich dynamisch weiterentwickelnden Markt der Offshore-Windenergieindustrie gerecht.
Auf Grundlage der Ergebnisse dieses Forschungsvorhabens können begründete Zusammenhänge zwischen dem Einfluss des EAM und den Materialeigenschaften von Feinkornbetonen in die Normung integriert werden. Damit können die derzeit vorhandenen, restriktiven Regelungen begründet entschärft werden. Dies führt schlussendlich zu einer Erhöhung der für die Installationsphase zulässigen Wellenhöhe und damit zu einer Erweiterung der Installationsfenster. Gleichzeitig wird durch dieses Forschungsvorhaben eine bessere Berücksichtigung des Einflusses des EAM in den Tragfähigkeitsnachweisen erreicht. Mithilfe des numerischen Modells der Grout-Verbindung können zudem die tatsächlich auftretenden Verschiebungen in Abhängigkeit der Belastung aus Seegang, d. h. in Abhängigkeit der Wetterbedingungen, prognostiziert werden. Hierdurch besteht die Möglichkeit, den Installationsprozess besser zu terminieren. Durch eine verbesserte Planungssicherheit im Installationsprozess kann zudem der Einsatz von kostenintensiven Installationsschiffen besser geplant werden, wodurch sich Risiken im Installationsprozess minimieren.